Liebe Mitglieder der Hochschule für Musik und Theater München,
liebe Kooperationspartner*innen und Unterstützer*innen der Hochschule,
am 30.09.2022 endet meine zweite Amtszeit als Präsident der Hochschule für Musik und Theater München. Mit diesem persönlichen Brief verabschiede ich mich von Ihnen. Auch wenn mich das Handeln in der Gegenwart und das Nachdenken über die Zukunft generell mehr faszinieren, verbinde ich diesen Abschied mit einem Rückblick auf die vergangenen ereignisreichen acht Jahre und – am Schluss des Textes – mit einer Bilanz und Danksagung.
Das Hochschulgesetz weist dem Präsidentenamt u.a. die Funktion zu, Initiativen und Ideen für die Weiterentwicklung einzubringen – eine Rolle, die ich durchaus gerne erfüllt habe, da sie auch meiner professionellen Herkunft aus dem kreativen Bereich entspricht. Das Amt ist mit umfangreichen und sehr vielfältigen Aufgaben, aber auch mit hoher persönlicher Verantwortung verbunden. Gleichzeitig habe ich es genossen, in allen wesentlichen Belangen in Teams zu arbeiten und mich auch in erster Linie als Teamplayer verstanden. In der folgenden Revue meiner Tätigkeit in den letzten Jahren werfe ich bewusst einen subjektiven Blick auf die Dinge: Daher verwende ich auch die „ich“-Form, wo von der Arbeitsweise her eigentlich ein „wir“ angemessen wäre.
Da ich mich in meinem Schreiben auch ein wenig als Chronist sehe, ist es mir wichtig, die vielen Themenfelder zumindest zu streifen. Daher wurde der Text etwas umfangreicher als ich ursprünglich dachte. Die Überschriften ermöglichen es Ihnen, sich zu orientieren und ggfs. auf die Bereiche zu konzentrieren, die für Sie von Interesse sind.
Bologna-Reform à la HMTM
Vier Jahre nach dem Wechsel von meiner Kölner Professur für Improvisation und Tonsatz nach München hatte ich 2009 die anfänglich nicht gerade dankbare Aufgabe übernommen, zusammen mit Christine Zimmermann die hochschulpolitisch vorgegebene Bologna-Reform an der HMTM voranzubringen. Von ihr erwarteten die Kolleg*innen in diesen Jahren das Schlimmste. „Bologna“ zeigte für mich nach eingehender Analyse durchaus interessante Gestaltungsmöglichkeiten: Man konnte diese Freiräume auch nutzen, um die viel kritisierte Verschulung, Überfrachtung und Formalisierung zu vermeiden, und so das neue System vielmehr als Möglichkeit verstehen, um frischen Wind in die traditionsschwere Musikhochschulausbildung zu bringen. Gestärkt wurde dieser Aspekt durch die gleichzeitige Einführung einiger innovativer Masterstudiengänge wie Kultur- und Musikmanagement sowie Neue Musik.
Vizepräsident für Studium und Lehre
Im Studienjahr 2011/12 begann ich als Vizepräsident für das arbeitsreiche Ressort „Studium und Lehre“ meine Mitarbeit in der Hochschulleitung. Da die Hochschule weder in Fakultäten noch in andere Organisationseinheiten untergliedert war, wurde sie damals ausgesprochen zentralistisch geleitet. Alle Fäden liefen bei der Hochschulleitung zusammen, von der Gesamtstrategie bis zum kleinsten Detail wurde hier über alle Angelegenheiten entschieden. Seit 2008 war die Hochschule durch die Fusion mit dem RSK jedoch deutlich vielfältiger und komplexer geworden. Die Herstellung der institutionellen Einheit von „alter“ Hochschule und vormaligem Konservatorium erwies sich als schwierige und langwierige Aufgabe. Es gelang damals zwar, im Rahmen der bestehenden Strukturen einigermaßen erfolgreich weiterzuarbeiten; mangels struktureller Untergliederungen fehlten jedoch Beweglichkeit und Manövrierfähigkeit, um größere Veränderungen umzusetzen. Die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Hochschulcommunity waren im Wesentlichen auf die Mitwirkung in Senat und Hochschulrat beschränkt oder informeller Natur.
Anfänge im Präsidentenamt
Als ich im Oktober 2014 das Präsidentenamt von Siegfried Mauser übernahm, ahnte ich nicht, was auf mich zukommen sollte. Rückblickend betrachtet war ich auch in vielerlei Hinsicht unvorbereitet, musste in die Rolle hineinwachsen und meine Handlungsfähigkeit in einem langen „learning-by-doing“-Prozess gewinnen.
Eine zentral geführte Hochschule entsprach nie meinen Vorstellungen. Es war mir vielmehr wichtig, den Hochschulmitgliedern breite Beteiligungsmöglichkeiten zu eröffnen und sie einzuladen, ihre Hochschule aktiv mitzugestalten. Der bereits 2013 begonnene, von Frizz Lauterbach moderierte partizipative Leitbildprozess war aus meiner Sicht ein erster wichtiger Schritt: Wie sieht und wünscht sich die Hochschulcommunity ihre Hochschule? Der Diskurs hierüber war sehr wertvoll.
Grundordnung und Institutsstruktur
Ein erster Schwerpunkt meiner Amtszeit lag auf der Erarbeitung einer neuen Grundordnung. Die Diskussion darüber hatte bereits 2012 begonnen, blieb aber immer wieder im Dschungel unauflösbarer Meinungsverschiedenheiten stecken. Die Novelle der Grundordnung 2015 war ein Meilenstein. Sie ermöglichte die Gliederung der Hochschule in 11 Institute sehr unterschiedlicher Größe – eine durch die Experimentierklausel des Hochschulgesetzes realisierbare, außergewöhnliche und für unser Haus maßgeschneiderte Struktur. Hier sind jeweils affine Studienbereiche und homogene Interessen in Verantwortlichkeit für die Gestaltung der jeweiligen Studiengänge zusammengefasst. Auch die Einführung der Institutsstruktur war ein langwieriger Prozess, der viel Geduld kostete. Ich erinnere mich gut, dass in den ersten Jahren der prioritäre Wunsch der Institute darin bestand, ein möglichst großes Budget unabhängig verwalten zu können. Es war eine der schwierigen Aufgaben für mich als Präsident, darauf zu achten, dass mit Sinn für Balance und Ausgleich allen Instituten möglichst gute Förder- und Entwicklungsmöglichkeiten zuteilwurden. Inzwischen haben sich tragfähige Institutscommunitys herausgebildet, welche ihre Bedarfe und Interessen intern abstimmen und gegenüber der Hochschulleitung vertreten. Aus meiner Sicht ist die Institutsstruktur heute ein Garant für breite Partizipation der Fachcommunitys bei der selbstverantwortlichen Gestaltung und Weiterentwicklung ihrer Bereiche. Unzählige Initiativen und Ideen wurden hier bereits gestartet und umgesetzt. Nicht zuletzt sind die Institute gerade keine abgeschotteten Inseln, sondern Inspiratoren und Macher der transdisziplinären, hochschulweiten Zusammenarbeit, die im gesamtinstitutionellen Sinne handeln.
Studierende im Fokus
Die Studierenden und die Qualität des Studiums in den Fokus meiner Arbeit zu stellen, sie auch bei der Mitgestaltung der Hochschule auf Augenhöhe einzubeziehen: Anders wäre es mir gar nicht vorstellbar gewesen. Auch außerhalb der regelmäßigen Treffen mit der Studierendenvertretung hatten studentische Belange bei mir offene Tür. Die verschiedenen Generationen von Studierenden und Studierendenvertretungen entwickelten jeweils etwas unterschiedliche Sichtweisen und Schwerpunkte. Wichtig war mir, detailliert und meinungsvielfältig die studentische Perspektive auf die Hochschule in vielen persönlichen Gesprächen kennenzulernen und darauf zu reagieren. Verstanden habe ich auch die Ungeduld der Studierenden und deren Unzufriedenheit, wenn sich die Beseitigung erkannter Probleme so lange hinzog – allerdings stehen vermeintlich kleine Probleme häufig in größeren, komplexen Zusammenhängen, die schnellen, einfachen oder radikalen Lösungen entgegenstehen. Besonders beeindruckt war ich immer wieder von der differenzierten Meinungsbildung der Studierendengruppen in Berufungs- und Besetzungsverfahren.
Career Center
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Übergang ins Berufsleben gerade in den freiberuflichen Bereichen die neuralgische Phase im Aufbau einer künstlerischen Karriere darstellt. Ein Meilenstein bei der besseren Begleitung und Betreuung der Studierenden und Alumni*ae in diesem Prozess war die Gründung des Career Center 2015, die ich gleich zu Beginn meiner ersten Amtszeit in die Wege geleitet hatte. Das Career Center hat sich inzwischen zu einem sehr lebendigen und gut vernetzten Kompetenzzentrum künstlerischer Karriereförderung entwickelt, dessen Strahlkraft weit über die HMTM hinausreicht.
Systemakkreditierung
2015 hat sich die HMTM auf meine Initiative hin auf den langen Weg zur Systemakkreditierung begeben. Ich war damals und bin nach wie vor überzeugt, dass die weniger anspruchsvolle Variante der Programmakkreditierung keine gute Alternative gewesen wäre und ist – ich sehe sie eher als das vielbeschworene Bürokratiemonster, das kaum dazu taugt, positive Entwicklungsdynamik an der Hochschule zu entfachen. Der entscheidende Vorzug der Systemakkreditierung besteht darin, dass sich die HMTM selbstbestimmt weiterentwickeln sowie eine Agenda für ihre Entwicklungsprojekte und -schwerpunkte aufstellen und steuern kann. Die Hochschule gestaltet so autonom und aktiv ihr eigenes Geschick. Neben der Qualitätsentwicklung im engeren Sinne, welche die Ein- und Durchführung festgelegter Strukturen und Prozesse (z.B. für die Einführung, Weiterentwicklung und Aufhebung von Studiengängen) erfordert, wurden Entwicklungen und Neuerungen in praktisch allen Bereichen auf den Weg gebracht, z.B. die Personal- und Lehrentwicklung (Onboarding für Lehrende und Studierende, Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote, Karriereförderung), qualitätsorientierte Berufungs- und Bewerbungsverfahren zur Gewinnung von Lehrenden und Mitarbeitenden in der Verwaltung, die Erhebung von Kennzahlen zur Hochschulsteuerung. Mit der in Kürze bevorstehenden Erlangung der Systemakkreditierung wird der Hochschule bestätigt, dass sie den notwendigen Entwicklungsstand erreicht hat, um sich im Sinne umfassender Qualitäts-kriterien aus sich selbst heraus weiterzuentwickeln. Die HMTM wird dann wohl die zweite systemakkreditierte Musikhochschule in Deutschland sein. Basis dieses Erfolgs war die hervorragende Arbeit im Team mit Christine Zimmermann, Barbara Klöver und Klaus Mohr.
Kontexte, Kooperationen und Internationalisierung
Nicht nur innerinstitutionell, sondern auch in ihren Außenkontakten hat sich die HMTM enorm weiterentwickelt. Für die Vertiefung der Zusammenarbeit mit den Bayerischen Kunsthochschulen habe ich mich aus Überzeugung eingesetzt. Nur wenn die drei Bayerischen Musikhochschulen, zwei Kunstakademien und HFF mit einer Stimme sprechen, können sie in der Landespolitik die erforderliche Sichtbarkeit gewinnen und Gehör finden. Dies ist in den letzten Jahren in immer höherem Maße gelungen. Es war mir auch eine Freude, auf dieser Ebene Kooperationen wie die Gemeinschaftskonzerte der drei Musikhochschulen oder den gemeinsamen Aktionstag der Münchner Kunsthochschulen initiieren zu können. Konstruktiv und freundschaftlich war die Zusammenarbeit mit der Bayerischen Theaterakademie, unserem engsten Kooperationspartner, vor allem auch mit meinem Präsidentenkollegen Jürgen Drescher. Durch die 5 Jahre meiner Mitwirkung im Vorstand der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM) konnte ich die Intensivierung der Zusammenarbeit auch hier mitgestalten und dafür sorgen, dass die HMTM immer auf der Höhe aller aktuellen politischen und fachlichen Diskurse war. Hier habe ich jahrelang in der AG gegen Diskriminierung und Machtmissbrauch mitgearbeitet und die AGs Künstlerische Forschung / Doktoratsebene sowie Digitale Künste geleitet. Höchst inspirierend und fruchtbar für die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene waren die Jahreskongresse des AEC, von denen ich neben vielen produktiven Kontakten jeweils Einblicke in die europaweite musikalische Ausbildungs- und Diskurslandschaft mitnahm, wie auch andere internationale Verbünde wie das Züricher „Best Friends“-Netzwerk oder das sehr intensiv vorbereitete Vierländer-Projekt „Kultur der Lehre“. Unter Leitung von Markus Bellheim hat sich das International Office enorm weiterentwickelt. Die gesamte Szenerie internationaler Kooperationen wurde auf den Prüfstand gestellt und neu geordnet. Große Erfolge bei der Antragstellung für Förderungen beim DAAD ermöglichen künstlerisch-kulturell bereichernde Partnerschaften wie z.B. mit der Mongolei oder Israel.
Krisen
Zwei Krisen haben die Hochschule seit 2016 erfasst und über lange Zeit in Atem gehalten: Was in den Strafverfahren gegen Siegfried Mauser und Hans-Jürgen von Bose zu Tage kam, hat mich auch persönlich erschüttert. Die umfassende Aufarbeitung dieser entsetzlichen Geschehnisse und ihrer strukturellen Hintergründe, die grundlegende Auseinandersetzung damit, die Umsetzung von zielführenden Maßnahmen zur strukturellen Weiterentwicklung (z.B. klare, differenzierte Beschwerdewege, Empowerment v.a. der Studierenden) und zur Sensibilisierung der Hochschulmitglieder gegen Erscheinungsformen von Machtmissbrauch und übergriffiger Distanzlosigkeit: Dies war eine umfassende Aufgabe, bei der mir klar war, dass ein langer Atem erforderlich ist, um hier eine wirkliche Veränderung in der Institutions-kultur und Mentalität der Hochschulmitglieder zu bewirken. Die Suspendierung des Kanzlers über mehr als zwei Jahre, die intensive Berichterstattung in der überregionalen Presse, das permanente Leaking praktisch aller Interna aus den Hochschulgremien waren weitere Quellen für schwere Belastungen. Die gesamte Hochschule, aber auch ich persönlich haben hier einen intensiven Lernprozess durchlaufen, auch in Richtung einer Professionalisierung der Kommunikation und Akzeptanz für die schleppend langsamen juristischen Prozesse. Das Gute daran ist, dass die Münchner Geschehnisse einen fundamentalen Veränderungsprozess in der gesamten Musikhochschullandschaft Deutschlands in Gang gebracht haben.
Im März 2020 brach mit der Corona-Pandemie die zweite Mega-Krise über die HMTM herein. Nie für möglich gehaltene Einschränkungen wurden über Nacht Wirklichkeit. Von Seiten der Hochschulleitung versuchten wir, innerhalb der geringen Gestaltungsspielräume, die uns gegeben waren, das Verantwortbare zu ermöglichen, zugleich aber auch die Interessen der vorsichtigen und gefährdeten Hochschulmitglieder zu berücksichtigen. Das Meinungsspektrum klaffte enorm auseinander, die Nerven lagen zeitweise spürbar blank. Wir haben versucht, durch sorgfältige Bewertung der jeweils verfügbaren Informationen Wege zu suchen, die wenigstens von der Mehrheit der Hochschulmitglieder mitgetragen wurden. Im Veranstaltungsbetrieb wurde enorm viel Sisyphusarbeit geleistet, immer wieder abgesagt, neu geplant, dies zehrte an den Kräften aller. Auch wenn die akute Phase der Pandemie abzuklingen scheint, müssen die desaströsen Auswirkungen auf den gesamten Kulturbereich erst noch verkraftet und sorgfältig analysiert werden, wie die HMTM auf die Langzeitfolgen von Corona in ihren Ausbildungskonzepten reagieren kann.
Diversität
Menschen mit unterschiedlichsten Backgrounds, Eigenschaften, Lebenssituationen, Interessen, Orientierungen und Auffassungen studieren und arbeiten an der HMTM. Dies empfinde ich als besonderen Wert und Reichtum, der die Hochschule zu einem so attraktiven Studien- und Arbeitsort macht. Schritt um Schritt galt und gilt es, diese Werte noch intensiver zu leben. Es ist institutionell nicht immer einfach, Flexibilität im Eingehen auf die Lebenssituationen der Einzelnen und das Prinzip der Gleichbehandlung in Balance zu halten. Gerne wäre ich in meiner Amtszeit dem Ziel der Erhöhung des Frauenanteils bei den Professuren nähergekommen – trotz großer Anstrengungen blieben die Erfolge bescheiden. Christiane Iven hat im letzten Studienjahr, in dem Diversität explizit in ihrem Ressort als Vizepräsidentin verankert war, viele zukunftsweisende Neuerungen auf den Weg gebracht, insbesondere im Themenfeld Gendersensibilität und Diskriminierungsschutz. Das Menü Werte und Vielfalt der neuen Website wird die sehr umfassende und tiefgreifende Entwicklung der HMTM in diesem Bereich sichtbar machen. Auch im vielschichtigen Themenfeld Inklusion gab es erste Schritte, die sicherlich in den nächsten Jahren intensiviert werden. Gut wäre es auch, den Eurozentrismus des Repertoires in den klassischen Künsten, die an der HMTM gelehrt und aufgeführt werden, stärker zu kontrapunktieren: Durch Werke oder Kunstformen aus den vielen Herkunftsländern und -kulturen unserer Studierenden und Lehrenden. Das Fenster zur kulturellen Vielfalt der Welt noch deutlich weiter zu öffnen – das würde uns alle inspirieren. Hierzu kann auch der geplante neue MA-Studiengang Regionale Musikkulturen beitragen, der sich auf dem Fundament der bisherigen Volksmusikausbildung entwickeln könnte.
Never Ending: Baumaßnahmen und Infrastruktur
Eine „Never-Ending-Story“ ist die große Baumaßnahme Campus Arcisstraße. Ich finde es beschämend, dass wir immer noch auf den Planungsauftrag warten müssen, obwohl die HMTM seit langem schon alle erforderlichen Vorleistungen erbracht hat. Hier muss sich der Freistaat endlich zu seiner größten Kunsthochschule bekennen! Wenigstens gibt es gute Vorzeichen, dass in der nächsten Zeit endlich grünes Licht kommen könnte. Kein kleiner Teil meiner Arbeitskraft als Präsident ist in das komplexe Thema der verschiedenen Baumaßnahmen geflossen. Immerhin hat die HMTM in dieser Zeit die beiden Gebäude C und D der ehem. Lotterieverwaltung dazugewonnen, welche die Perspektive eines Campus am Hauptstandort Arcisstraße eröffnen. Der Wert dieses Zugewinns wird sich in vollem Ausmaß erschließen, wenn die Baumaßnahme Campus Arcisstraße umgesetzt wird. Zudem erhielt die Hochschule trotz scharfen Wettbewerbs mit anderen Institutionen die Liegenschaft Frankenthalerstraße als zukünftiges Ausweichquartier. In den nächsten Jahren werden wir sie als Interim für inzwischen entstandene zusätzliche Raumbedarfe nutzen können.
Seit Edda Reisinger an der HMTM tätig ist, konnten enorm wichtige Meilensteine wie der Bauantrag 2019 und Projektantrag 2021 auf den Weg gebracht werden. Das Gesamtprojekt Campus Arcisstraße ist bis ins Detail durchdacht und umsetzbar. Einen anderen Standort in vergleichbar zentraler Lage in München wird es für die HMTM nicht geben. Zugleich war die HMTM in den letzten Jahren voll in die komplexen Planungen für die Generalsanierung und das Interimsquartier des Gasteigs und des Neuen Konzerthauses im Werksviertel einbezogen. Der Umzug ins Interimsquartier HP8 findet dieser Tage statt. Die HMTM muss hier für möglichst gute Bedingungen kämpfen: Da sich die Gasteigsanierung hinzieht, wird das HP8 für viele Jahre die neue Heimat der Gasteig-Studienbereiche. Die Zukunft des Konzerthauses, das seitens der HMTM vor allem die experimentellen Bereiche des Digital Arts Center und der Education beherbergen soll, steht ohnehin in den Sternen.
Alleine die bestehende, schwer investitionsbedürftige bauliche Infrastruktur an allen Standorten der HMTM funktionsfähig zu halten, wird in den kommenden Jahren ein steiniger Weg, auf dem ständig kleine und große Probleme zu lösen sind. Dies wird nur mit guter Teamarbeit in der Hochschule und mit der Staatsbauverwaltung gelingen.
Zielvereinbarungen und Innovationsfond
Mit Freude habe ich in den letzten Jahren an einigen großen Zukunftsprojekten gearbeitet. Die Voraussetzungen dafür wurden durch die Zielvereinbarungen 2019-2022 geschaffen. Als Verhandlungsführer der Bayerischen Musikhochschulen ist es mir zusammen mit Bettina Reitz gelungen, erstmals einen Innovationsfond für die Bayerischen Kunsthochschulen durchzusetzen. Damit konnten die finanziellen Grundlagen für wichtige Schritte in die Zukunft gewonnen werden. Das Portfolio der damals erlangten, befristeten zusätzlichen Professuren und Mittelbaustellen reicht von der Ergänzung und Stärkung bereits etablierter Bereiche (musikalische Leitung der Opernschule, Streicherkammermusik, EMP, Audio- und Videotechnik) bis zur Einrichtung völlig neuer Stellen für Sound Art, Musikvermittlung, Musikermedizin und Personalentwicklung / Frauenförderung. Nach Verhandlungen mit HFF und Theaterakademie kam eine weitere Professur an die HMTM, welche die Grundlage für die beiden neuen Masterstudiengänge Digitale Kommunikation in der Musik- und Entertainmentindustrie und Kulturjournalismus (als Kooperationsstudiengang mit der Theaterakademie) schafft. Im Rahmen der High-Tech-Agenda des Freistaats folgten 2021 eine weitere Professur und Mittelbaustelle. Zusammen mit der Soundart-Professur bilden diese Stellen die Basis für das neue
Digital Arts Center
Mit dem Themenfeld Digitaler Künste habe ich mich in den letzten drei Jahren besonders intensiv auseinandergesetzt, good practice-Beispiele auf internationaler Ebene ausgelotet und zusammen mit Alexander Vicar eine explorative Umfrage zu diesem Bereich an den Musikhochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Auf Basis dieser Erkenntnisse habe ich – im immer inspirierenden Diskurs mit Gerd Baumann – für das Digital Arts Center ein Konzept aus zwei Masterstudiengängen (Sound Art, Digital Performance) und einem damit vernetzten Forschungsbereich (Künstliche Intelligenz und musikalische Kreation) ausgearbeitet, das auch von den Hochschulgremien unterstützt wurde. In zahlreichen Expert*innengesprächen wurde sein zukunftsweisendes Potential bestätigt. Noch vor Jahresende 2022 sollten die drei Professuren berufen sein, sodass das DAC seine vertiefende konzeptionelle Arbeit aufnehmen kann. Aus meiner Sicht sollte seine Relevanz auch dadurch betont werden, dass es ein eigenständiges, dann zwölftes Institut der HMTM wird. Weitere Entwicklungsschritte wie die Etablierung des Bereichs Gaming (in Kooperation mit der HFF) sollten baldmöglich folgen.
Digitale Lehre und drittmittelgeförderte Projekte
Ein enorm wichtiger und dynamischer Bereich ist die Digitalisierung der Lehre. Hier wurden in vernetzten Anstrengungen der Bayerischen Kunsthochschulen beste Voraussetzungen geschaffen: Die in Nürnberg angesiedelte Strakodil-Projektstelle bietet z.B. maßgeschnei-derte Fortbildungsangebote. Ulrich Kaiser konnte ich dafür gewinnen und ihn unterstützen, bei der Stiftung Innovation in der Hochschullehre für seine in einer Vorläuferversion bereits bestehende Open Educational Resource–Plattform Elmu einen Förderantrag zu stellen. Die Mühe hat sich gelohnt: Es entstand ein mit 1,8 Mio.€ gefördertes Riesenprojekt: die Open Music Academy. Innerhalb eines Jahres wurde eine Produktionsstätte für digitale Lehrmedien mit enormen Möglichkeiten aus dem Boden gestampft. Sehr gefreut hat mich auch, dass Mariya Dzhimovas Antrag bei einem Digitalisierungsprogramm des Freistaats Bayern Erfolg hatte. Ich hatte im Vorfeld versucht, durch Gespräche mit dem Fördergeber Sensibilität für die Besonderheiten an Kunsthochschulen zu wecken. Die Hochschule erhält ein zusammen mit der Hochschule München betriebenes Digitalisierungskolleg mit Schwerpunkt Artificial Intelligence in Culture and Arts in einem Förderumfang von fast 500.000€. Wichtig war mir auch, die HMTM in das neu entstandene Netzwerk 4.0 von nunmehr 18 Musikhochschulen zu integrieren. Die Nicht-Mitgliedschaft der HMTM im Vorläufer-Netzwerk habe ich immer als Mangel empfunden. Die HMTM konnte für den Arbeitsplan des Netzwerks einige Projekte mit Schwerpunkt Digitale Lehre initiieren, von denen ich weitere wichtige Impulse für die Lehre an der HMTM erwarte, insbesondere von den Projekten zum Teamteaching, zu digital vernetzter Lehre und zur Internationalisierung durch digitale Lehrformen.
Digitalisierung
Dies alles sind Unterthemen zur Digitalisierung insgesamt, d e m Megathema unserer Tage: Vor Corona hatten wir bereits Anlauf für eine alle Teilbereiche umfassende Digitalisierungsstrategie genommen, dann stürzte alles in den Handlungsdruck der akuten Krise. Mit einer ganz neuen, am DAC angeschlossenen Stelle für die Koordinierung der Digitalisierung an den Kunsthochschulen, die Yannick Schmidt zum 01.08. übernommen hat, fällt der Startschuss, um ein neues Gesamtkonzept der Digitalisierung an der HMTM und im größeren Kontext der Bayerischen Kunsthochschulen zu entwickeln. Es ist an der Zeit, die vielen Einzelprojekte im Sinne maximaler Synergiegewinnung stärker zu vernetzen.
Corporate Design und Website
Durch Mittel aus dem Innovationsfond konnte auch der Grundstock für die Finanzierung des neuen Corporate Design und der neuen Website gelegt werden. Nach sehr intensiven und fundierten Vorbereitungen des Teams um Maren Rose wurden die Ausschreibungen für die beiden Agenturen auf den Weg gebracht. Das neue Hochschul-Logo und -Design von Jäger & Jäger ist kein Wohlfühl-Logo, sondern ein diskursives Zeichen, das zu aktiver Auseinandersetzung einlädt. Auch dadurch wird es suggestiv und einprägsam. Ich bin überzeugt, dass es zur Hochschule passt, da es in seinem ungewöhnlichen, irritierenden und diskursiven Gehalt etwas eminent Künstlerisches hat; das gleiche gilt für das Konzept der Bildbühne mit ihren schiefen Ebenen und offenen Gestaltungsflächen. Das Design wurde durch die Agentur Von der See in die Gestaltung der neuen Website eingebracht. Es wird spannend sein, wie der Einführungsprozess des neuen CI und der Website-Relaunch laufen werden.
In jedem Fall wird die neue Website ein durchdacht strukturiertes, elegantes Schaufenster zur Welt. Es ist eine interessante Aufgabe für alle Bereiche, die multiplen Möglichkeiten der neuen Website für sich zu erschließen und mit anschaulichen Inhalten zu füllen. Es wird nun endlich möglich, die Menschen, die an ihr arbeiten und studieren, in ihrer Aktualität sichtbar zu machen und die HMTM in allen Facetten zu präsentieren. Besonders freue ich mich auf die Hauptmenüs Werte und Vielfalt und
Forschung
Ein weiteres, großes Zukunftsthema, auf das ich meine Arbeit in den letzten Jahren konzentriert habe, ist der gesamte Bereich der Forschung. Bisher bestand die gesetzliche Kernaufgabe der Kunsthochschulen in der Pflege der Künste. Dies hat von der Idee her immer etwas Rückwärtsgewandtes, der Erhalt des Bestehenden steht im Vordergrund. Durch intensive Überzeugungsarbeit bei Politiker*innen und Ministerium konnte im neuen Hochschulgesetz, das zum 01.01.2023 in Kraft treten wird, als Aufgabe der künstlerischen Hochschulen erstmals – und in Verbindung mit der Weiterentwicklung der Künste –wissenschaftliche und künstlerische Forschung verankert werden. Zugleich wird auch das Tor geöffnet zur künstlerisch-wissenschaftlichen Promotion. Diese Neudefinition der Aufgaben eröffnet für die nächsten Jahre ungeheure Potentiale: Die Entwicklung von Neuem in Kunst und Wissenschaft wird in den Blick genommen. Auch die traditionsreichen Kernbereiche unserer Ausbildung, klassische Musik, Jazz, Ballett benötigen nach Corona neue Impulse, ein Weiterdenken und -entwickeln.
Einen ersten Schritt in diese Richtung hat die HMTM bereits unternommen: Der neue postgraduale Studiengang Excellence in Performance beinhaltet neben der Instrumental-ausbildung auf höchstem solistischem Niveau auch ein künstlerisches Forschungsprojekt. Die forscherische Neugier an der Basis, d.h. auch bereits in den Bachelor- und Masterstudien-gängen zu stärken, wäre ein sinnvoller nächster Schritt. Wie sehr dieser Weg zur weiteren internationalen Attraktivität unserer Hochschule beiträgt, lässt sich am enormen Studieninteresse für Excellence in Performance ablesen.
Im bestehenden Bayerischen Hochschulgesetz habe ich die Möglichkeit entdeckt, ein Forschungsdekanat einzurichten; einige Universitäten hatten dies bereits umgesetzt. Angesichts der großen Aufgabe, die verschiedenen, in Entstehung begriffenen Forschungsbereiche und insbesondere die wissenschaftliche und künstlerische Forschung zu koordinieren sowie Drittmittelanträge zu unterstützen, erschien es mir höchst sinnvoll, dieses Amt auch an der HMTM einzuführen und in der Grundordnung zu verankern. Ich freue mich sehr, dass Friedrich Geiger bereit war, diese interessante Aufgabe zu übernehmen.
Durch die neuen wissenschaftlichen Professuren für Musikvermittlung, Musikermedizin, Kulturjournalismus, Digitale Kommunikation in der Musik- und Entertainmentindustrie sowie KI und musikalische Kreation kommen auch fünf neue Forschungsbereiche an die HMTM. Dies wird das Spektrum der Forschung enorm bereichern und ausweiten.
Ein Herzensanliegen war mir die Einrichtung des Ben-Haim-Forschungszentrums für jüdische Musikkultur und NS-verfolgte Musik, das schon lange geplant war. Im Hamburger Onlinelexikon NS-verfolgter Musiker*innen fiel mir Tina Frühauf als Autorin des ausgezeichneten Artikels über Paul Ben-Haim auf. Ich stellte den Kontakt zu ihr her und es gelang Markus Bellheim über den DAAD die Finanzierung einer befristeten Gastprofessur für sie zu gewinnen. Für Juli 2019 konzipierte sie mit dem Team des Musikwissenschaftlichen Instituts einen großen Kongress zu Jüdischer Musikkultur in Süddeutschland. In der Folge gelange es mir, den Kulturreferenten der Stadt München, Anton Biebl, und die Leiterin des NS-Dokumentationszentrums, Mirjam Zadoff für das Vorhaben zu gewinnen. Die Stadt München hat die Ben-Haim-Forschungsstelle für drei Jahre teilfinanziert und auf diese Weise mit ermöglicht. Obwohl die Eröffnung des von Tobias Reichard mit riesigem Engagement geleiteten Forschungszentrum in die Corona-Zeit fiel, zeigt das enorme öffentliche Interesse, wie wichtig diese Einrichtung in kürzester Zeit geworden ist.
Wavelab
Auch die Eröffnung des Wavelab als Innovations- und Gründerzentrum für Music, Arts and Media im Herbst 2020 fand unter den widrigen Umständen der Coronakrise statt und konnte dennoch einen „Raketenstart“ hinlegen.
Das Institut für Kulturmanagement und Medien unter Leitung von Maurice Lausberg war in den letzten Jahren eine treibende Kraft für innovative Weiterentwicklung. Als mir Maurice Lausberg die Projektidee zum Wavelab vorstellte, war ich sofort begeistert und habe versucht, alle Hebel mit ihm in Bewegung zu setzen, um es zu ermöglichen. Es entfaltete in kürzester Zeit enorme Strahlkraft über die Hochschule hinaus. Hier gewann die HMTM ein Expertise-Zentrum im Bereich Start-up-Kultur, Hochtechnologie, digitale Medien und Innovationsideen im künstlerischen Bereich, dessen Wert in der Hochschulcommunity und in der Münchner Gründerszene immer mehr zur Geltung kommen wird. Ich habe versucht, möglichst viel von den höchst interessanten Gesprächsveranstaltungen und Symposien mitzubekommen und die spannende Entwicklung der Start-up-Teams verfolgt. Schade, dass ein von Jule Schröder hervorragend ausgearbeiteter Förderantrag beim Bundesprogramm Innovative Hochschule denkbar knapp gescheitert ist. In einem Panel, das ich bei der letzten RKM-Konferenz geleitet habe, haben wir versucht, konstruktive Schritte einzuleiten, die dafür sorgen sollen, die bis heute bestehende Benachteiligung der künstlerischen Hochschulen bei den großen Förderprogrammen endlich zu beenden.
Exzellenz
Neben diesen neuen Bereichen und Einrichtungen hat sich auch die Exzellenz der vielen künstlerischen Ausbildungsbereiche in den letzten Jahren nicht nur erhalten, sondern intensiviert: Der gesamte Bereich der Kammermusik ebenso wie die Dirigierausbildung und das Hochschulorchester haben sich in Aufsehen erregender Weise weiterentwickelt. Die Gesangsausbildung hat durch die Vernetzung der Klassen und enge Kooperation von stimmlicher und szenischer Ausbildung an Qualität dazugewonnen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Ausbildung in durchlässigeren Klassenstrukturen und Teams die Zukunft gehört. Besonders freue ich mich auch über die Entwicklung, die das Jazzinstitut in den letzten Jahren nehmen konnte. Camilo Dornier als Förderer und Mäzen spielt hier eine besondere Rolle. Es war mir ein Herzensanliegen, der Ballettakademie durch teilweise schwierige Phasen zu helfen und – in enger Abstimmung mit Andrea Sangiorgio und Jadranka Leth-Espensen – durch das pädagogische Konzept für neue Grundlagen zu sorgen. Es gilt inzwischen auch auf internationaler Ebene als zukunftsweisend. Wie sehr dieses Thema unter den Nägeln brennt, zeigt auch, dass das Who is Who der Tanzwelt zum im November stattfindenden HMTM-Symposium „Tanzausbildung im Wandel“ nach München kommen wird.
Von höchster Klasse ist auch (weiterhin) die künstlerische Instrumentalausbildung als der größte Ausbildungsbereich der Hochschule. Dass hier die HMTM ein besonderer Anziehungspunkt ist, zeigen die hoch talentierten, sehr erfolgreichen Studierenden und Alumni*ae. Auf welch herausragendem Niveau die Instrumentalausbildung der HMTM arbeitet, dokumentieren (erneut!) sehr eindrucksvoll die Ergebnisse des diesjährigen ARD-Wettbewerbs: Fast die Hälfte der Preisträger*innen studiert oder studierte an der HMTM; und hinzu kommen noch einige weitere Semifinalteilnehmer*innen!
Wichtigste Grundlage für hervorragende Lehre in allen Bereichen ist natürlich die Exzellenz der Lehrenden. In den letzten Jahren gelangen viele herausragende, zukunftsweisende Berufungen. Welche Musikhochschule hat so hervorragende Lehrpersönlichkeiten? Die Durchführung der Berufungsverfahren ist während meiner Amtszeit immer anspruchsvoller und aufwendiger geworden; sie zu begleiten und in guten Bahnen zu halten, gehörte zu meinen umfangreichsten Arbeitsbereichen. In etwa 25 Berufungsverfahren, die ich als Berichterstatter koordiniert habe, konnte ich dazu beitragen, dass alle Klippen umschifft und ein erfolgreicher Abschluss erreicht wurde.
Pädagogik, Vermittlung, Gesellschaftliche Verantwortung
Die HMTM ist die größte Ausbildungsstätte des Freistaats für das Lehramt Gymnasium und die künstlerisch-pädagogische Ausbildung im Bereich Musik. Damit trägt unsere Institution immense gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die zukünftige Entwicklung von Kunst und Kultur in Bayern. Deswegen ist es auch so wichtig, hier auf höchste Ausbildungsqualität, Aktualität und Zukunftsorientierung zu setzen.
Es freut mich besonders, dass in den letzten Jahren das Lehrteam um Andrea Sangiorgio den zuvor krisengeschüttelten Ausbildungsbereich EMP auf einen so guten Weg bringen konnte. Auch war mir ein Herzensanliegen, eine Novelle des Grundschullehramts auf den Weg zu bringen, die eine stärkere Verknüpfung mit EMP-Inhalten herbeiführt. Hier ist die gesellschaftliche Relevanz der Hochschulausbildung besonders groß, denn nur im vorschulischen Bereich und in der Grundschule erreicht das Bildungssystem Kinder aus allen sozialen Schichten und Kontexten.
Aktualität würde für mich auch beinhalten, möglichst stringent Profile für Digitale Medien / Kunstformen in den pädagogischen Studiengängen einzurichten. Mit dem Digital Arts Center und Wavelab entstehen gerade die hierfür erforderlichen Kompetenzzentren. Der Bedarf an Lehrer*innen mit solchen Schwerpunkten wird in Zukunft riesig sein.
Besonders freut mich, dass mit der Berufung Sonja Stibis nun eine umfassende Erschließung des Themenfelds Musikvermittlung begonnen hat. Aus meiner Sicht gehören kulturvermittelnde Fähigkeiten und Erfahrungen zu den Grundqualifikationen in jedem künstlerischen Berufsfeld – gerade auch nach den Veränderungen, die Corona in der Kulturszene bewirkt.
Talentförderung und ehrenamtliche Tätigkeiten
Das Präsidentenamt bringt umfangreiche Tätigkeiten in gemeinnützigen Einrichtungen und Gremien mit sich. In den letzten Jahren war ich in insgesamt 14 verschiedenen Funktionen in Stiftungen, Vereinen und Kuratorien tätig, deren weitestgehend gemeinsames Thema in der Förderung künstlerischer Talente besteht. Ich konnte durch die Vermittlung plausibler Fördervorhaben umfangreiche Drittmittel für die Hochschule einwerben, aber auch daran mitwirken, viele talentierte junge Künstler*innen mit Stipendien und Förderungen zu unterstützen. 2021 z.B. bin ich persönlich vehement und letztlich erfolgreich dafür eingetreten, dass sich beim 25 Mio. € – Corona-Förderprogramm des Freistaats für Künstler*innen in der Berufsanfangsphase auch Studierende der Kunsthochschulen im Abschlussjahr bewerben konnten. Darüber hinaus war ich in vielen Wettbewerben als Juror oder Juryvorsitzender tätig, z.B. – was die hochschuleigenen Wettbewerbe betrifft – im Bialas-Wettbewerb, den drei Genzmer-Wettbewerben, im Kurt Maas-Award sowie im Wettbewerb des Kulturkreises Gasteig. Von 2015 bis 2019 war ich zudem gemeinsam mit Wen-Sinn Yang künstlerischer Leiter des Alpenklassik-Festivals und der Summer School Bad Reichenhall und habe dort die Konzertmoderation übernommen. Das Festival hatte von Jahr zu Jahr mehr Anziehungskraft entfaltet, ehe es 2020 Corona zum Opfer fiel.
Bilanz
Auch wenn die bürokratischen Mühlen häufig quälend langsam mahlen und manche Schwerfälligkeiten in den Abläufen eine dynamische Umsetzung von Ideen und Impulsen immer wieder einbremsen, ist es mir doch gelungen, während meiner beiden Amtszeiten viele Veränderungen an der HMTM anzustoßen und auf den Weg zu bringen. Galt die Hochschule noch vor Jahren als Hort in sich ruhender, konservativer Traditionen, so wird der nach wie vor bestehende Wesenskern wertvoller Tradition heute von den nährstoffreichen, sprudelnden Quellen einer schwungvollen Entwicklungsdynamik umspült; und ich denke, das ist gut so – auch, um die diamantenen Kernwerte in die Zukunft tragen zu können.
Herausfordernd am Präsidentenamt ist, dass auch die 70-Stunden-Arbeitswoche bei weitem nicht ausreicht, um den permanent nachwachsenden Berg an Aufgaben zu bewältigen. Man ist gezwungen, zu priorisieren und sich auf die Arbeiten konzentrieren, die in der jeweiligen Situation am Wichtigsten und Dringendsten sind. Für das Gefühl, etwas geschafft zu haben, bleibt keine Zeit, da bereits wieder andere Dinge herandrängen. Freude hat mir bereitet, mit so vielen unterschiedlichen Menschen zusammenzuwirken, mich mit vielfältigsten und immer wieder neuen Themen befassen zu können und mich mit zukunftsorientierten, visionären Inhalten zu beschäftigen. Dies hat mir die Energie gegeben, den durchaus extremen Anforderungen Stand zu halten. Wer in einem solchen Amt von externen Motivationsfaktoren wie finanzieller oder ideeller „Entlohnung“ (Wertschätzung, Respekt, Dankbarkeit etc.) abhängig wäre, würde enttäuscht werden.
Dank
Wie eingangs gesagt, sind die vielen Entwicklungen, Projekte und Errungenschaften fast immer in Teamwork entstanden: Zu allererst natürlich im Team der Hochschulleitung, dem als Vizepräsident*innen im Verlauf der letzten acht Jahre Sylvia Hewig-Tröscher, Christoph Adt, Markus Bellheim, Christine Schornsheim, Klaus Mohr, Dirk Mommertz und Christiane Iven, als Kanzler Alexander Krause und Stefan Schmaus, als stellvertretende Kanzler*innen Oliver Umlauf und Tanja Johannsen, als persönliche Referent*innen Dorothee Göbel, Bastienne Mues, Sylvia von Grafenstein, Lilly Jordan und Dominik Pensel sowie als meine Sekretärin Sonja Herbrich angehört haben. Besonders eng habe ich darüber hinaus mit den Stabsstellen (Christine Zimmermann, Barbara Klöver, Edda Reisinger, Jadranka Leth-Espensen) sowie mit der Kommunikationsabteilung unter Leitung von Maren Rosen zusammengearbeitet. Sehr angenehm und konstruktiv war auch die Zusammenarbeit mit unserem Betreuungsreferat K7 im Ministerium, bestehend aus Eva Hammig, Patricia von Garnier und Julia Kayser. Ihnen allen wie den Studiendekan*innen, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, allen Mitarbeitenden der Verwaltung, den Institutsleiter*innen, den Lehrenden, Studierenden, Gremienmitgliedern, Freunden und Förderern und externen Partner*innen möchte ich für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren aufs Herzlichste danken! Der Hochschule wünsche ich für die Zukunft Alles Gute und meiner Nachfolgerin, Frau Prof.in Lydia Grün viel Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben.
Mit besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Bernd Redmann