Open Music Academy: Historische Aufnahmen im Entstehungsprozess

3. Juni ’25

Eine Veröffentlichung der Open Music Academy (OMA) ermöglicht es in ganz neuer Weise, eine historische Schallplattenaufnahme nicht nur als Endprodukt eines komplizierten Entstehungsprozesses zu hören, sondern auch die Zwischenschritte im Aufnahmeprozess nachzuvollziehen.

Im Sinne der künstlerischen Forschung hat ein interdisziplinäres Team aus Toningenieur, Sängerin und Pianist in experimenteller Herangehensweise vier Aufnahmen auf Decelith-Platten angefertigt, unter Verwendung eines Trümbach Tonographen der 1930er Jahre. Anhand von Claude Debussys Lied »C’est l’extase langoureuse« (L. 60 Nr. 1) näherten sich Claus Peter Gallenmiller (Aufnahmeleitung), Milena Bischoff (Sopran) und Kilian Sprau (Klavier) dem Reenactment einer professionellen Aufnahme auf Schallplatte unter den technischen Bedingungen der 1930er Jahre an. Besonders herausfordernd waren dabei die dynamischen Gesangspassagen: Einmal zu hoch bzw. zu laut in das Mikrofon gesungen, kann die Rille im weichen Decelith verschnitten sein.

Foto: Open Music Academy

Welche Schritte die Gruppe unternommen hat, kann nun auf der Lernplattform Open Music Academy nachvollzogen werden. Es ist eine multimediale Veröffentlichung, wie es sie im Bereich der Aufnahmeforschung bislang noch nicht gegeben hat: Videos und Tonspuren erlauben, den Arbeitsprozess zu verfolgen und mehrere Aufnahmetakes in verschiedenen Bearbeitungsstufen miteinander zu vergleichen. Zudem bietet die OMA die Möglichkeit, Vorträge rund um das Thema Künstlerische Forschung und Aufnahmetechnik (von der Schallplatte bis zur Künstlichen Intelligenz) als Videos anzuschauen oder in Form wissenschaftlicher Texte nachzulesen. Ein in der Nachbereitung verschriftlichtes Gespräch zwischen den Beteiligten zeigt die Bedeutung des gemeinsamen Experiments und die daraus resultierten Erkenntnisse auf.

»Jede Sängerin sollte diese Erfahrung einmal machen«, findet Milena Bischoff. Die Veranstaltung bot einzelnen Gesangstudierenden der HMTM die seltene Möglichkeit, die eigene Stimme mit historischer Technik aufgenommen zu erfahren. Auch diese Aufnahmen sind auf der OMA zu finden, mit Jacques Offenbachs »Belle nuit, ô nuit d’amour« sowie dem eigens von Prof. Dr. Ulrich Kaiser verfassten »OMA-Song«, einem mit vielen Zitaten gewürzten Quintett im Stil der Comedian Harmonists.

Die Aufnahmen und Vorträge entstanden im Rahmen eines Symposiums, das unter dem Titel »Zwischen künstlerischer Praxis und Wissenschaft – Forschungen zur historischen Technik der Tonaufnahme« an der Hochschule für Musik und Theater München am 11. November 2024 stattgefunden hat. Das Gelingen der experimentellen Veranstaltung war dank einer Kooperation zwischen Claus Peter Gallenmiller (Gesellschaft für Historische Tonträger Wien), Prof. Dr. Kilian Sprau (Universität der Künste Berlin) sowie dem Team der Open Music Academy (einem Projekt der HMTM, gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre) möglich.

https://openmusic.academy/docs/5QrASikiSPq3xUaMdkmwSG/historische-techniken-der-tonaufnahme